Die traditionelle Herbsttagung des Katholischen Seelsorgerates des Kantons Luzern/KSRL wurde dieses Jahr von einer breiteren Trägerschaft organisiert. Neben dem Rat beteiligten sich auch das Bischofsvikariat St. Viktor sowie die Pastoralkommission Migrantenseelsorge des Kantons Luzern an der Vorbereitung. Das Treffen fand mit 55 Teilnehmenden am 21. Oktober im Centro Papa Giovanni, Emmenbrücke, statt.
Das Motto hiess: „Dazu gehören – fremd sein“. Das Ziel: Einheimische der Pfarreien und ausländische Gläubige der Ausländermissionen arbeiten enger zusammenarbeiten.
Es wurde spürbar: Das Miteinander von Schweizern und „Zugereisten“ ist nicht nur eine Herausforderung, sondern auch eine Bereicherung. Dies konnten die Teilnehmenden der Tagung konkret erfahren beim Mittagessen, das von Frauen aus vier Ländern des globalen Südens zubereitet wurde.
„Viele Flüchtlinge mussten alles zurücklassen. Aber eines bringen sie mit: ihre Talente.“ So heisst der Slogan einer Luzerner Gruppe, die mit Asylsuchenden Aktivitäten unternimmt. Zu den genannten Talenten gehören die Kochkünste, die selbst Frauen ohne Bildung beherrschen.
Im Centro Papa Giovanni wurden nicht etwa Spaghetti oder Pizzas aufgetischt. Man wagte eine weiter führende kulinarische Reise. Denn das Mittagessen wurde von Frauen aus Sri Lanka, Eritrea, Syrien und den Philippinen gekocht – und schmeckte vorzüglich.
Wie kann die Wahrnehmung von Migranten in den Pfarreien gefördert werden und wie sind Doppelspurigkeiten zu vermeiden? Eine Antwort auf diese Frage hiess: „Vermehrt Synergien nutzen“. Dazu ein mehrmals genanntes Beispiel: Die Landeskirche, etliche Pfarreien und fast jede Ausländermission organisieren Wallfahrten nach Einsiedeln oder in den Ranft. Warum können sie sich nicht gemeinsam auf den Weg machen?
Schon wegen des prekären Mangels an Personal dränge sich eine engere Zusammenarbeit von Pfarreien und Ausländermissionen auf, wurde weiter betont. Eine Möglichkeit seien mehrsprachige Gottesdienste, auch wenn dabei die Sprachbarrieren für manche abschreckend seien.
Betreff Gottesdienste: Die Missionen würden sich freuen, wenn Schweizer zu ihnen in die Eucharistie kämen, hiess es. Ein Beispiel: „Andere gehen in die Pizzeria. Ich gehe in den Gottesdienst der Italiener.“
Ein weiterer Vorschlag: „Laden wir Chöre der Ausländer in unsere Pfarreigottesdienste ein.“ Vielleicht würde man nicht alles verstehen – aber dies so ja auch in vielen Liedern so, die im Radio zu hören sind.
Die Beziehungen zwischen den Pfarreien und den ausländischen Missionen seien nicht immer konfliktfrei, meinte Bischofsvikar Ruedi Heim in seiner Begrüssung. Bisweilen gäbe es Streit um die Frage: „Wer ist katholisch? Und wer ist noch katholischer?“ Damit nahm Heim einen Befund auf, der referiert wird in der Studie „Kirchen in Bewegung. Christliche Migrationsgemeinden in der Schweiz“ (Schweizerisches Pastoralsoziologisches Institut/SPI). Judith Albisser, einer der Herausgeberinnen, lieferte in ihrem Einleitungsreferat einige Zahlen:
„Die Mehrheit der katholischen Migrationsgemeinden findet, dass der Glaube in der Schweiz in der Krise sei und dass die Schweiz neu evangelisiert werden müsse (85% einverstanden/eher einverstanden).“ Und: „Kirchen in der Schweiz sind ein Vorbild für meine Gemeinde (62% nicht einverstanden/eher nicht einverstanden.“
Angesichts solcher (Vor)Urteile bekommt das in den Gruppengesprächen öfters genannte Postulat eine besondere Bedeutung: „Wir müssen Berührungsängste abbauen und aufeinander zugehen.“
Delegierte einiger Ausländermissionen hatten die Gelegenheit, im Plenum in je sechs aus dem Leben ihrer Gemeinschaften zu berichten.
Hans-Peter Bucher, Geschäftsführer der Luzerner Migrantenseelsorge befasst sich in seinem kurzen Schlussreferat mit finanziellen Fragen. Die Ausländermissionen haben einen jährlichen Finanzbedarf von rund 3 Millionen Franken. Davon werden 60 Prozent durch die staatliche Quellensteuer und 19 Prozent durch die Kirchgemeinden aufgebracht.
In seinem Schlussvotum wies Bischofsvikar Ruedi Heim darauf hin, dass die Ausländermissionen mehr Geld für soziale und gesellschaftliche Projekte aufwenden als die Kirchgemeinden, die dafür mehr infrastrukturelle Aufgaben haben.
Im Verlaufe der Gespräche wurde ein Problem mehrmals erwähnt, das zwischen Pfarreien und Missionen öfters auftritt: Es kommt vor, dass Räume, die den ausländischen Gemeinschaften etwa in Pfarreizentren zugestanden werden, ohne Vorankündigung für eigene Bedürfnisse gebraucht werden. „Ich stand mit 20 Schülern da und hatte keinen Zugang zum Zimmer, das uns gewöhnlich zur Verfügung stand.“
Ein weiterer Engpass: Die italienischen und portugiesischen Bischöfe sind kaum mehr in der Lage, Priester in die Schweiz zu schicken. Die Lücke müssen Inder, Polen oder Afrikaner füllen. Ein nicht gerade idealer Zustand, auch wenn es sich für die Italiener-Missionen um Priester handelt, die in Rom studiert haben …
Text und Fotos von Walter Ludin